Rosarote Welt.
In Berlin wird demonstriert, und zwar gegen das “Barbie Dreamhouse”. Ich hatte zuerst die Idee, mit künstlichen Brüsten, auf denen “Free Willy” steht, hinzugehen. Denn wie will man sonst dagegen demonstrieren – das Barbie Dreamhouse ist idiotisch, und zwar so idiotisch, dass es eigentlich jede und jeder sehen sollte.
Pink und schön, so sollen Mädchen heute also sein. Dazu passt diese interessante Talkrunde auf okto.tv.
Eine Diskussionsrunde zum Thema “Gender-Marketing und Pinkifizierung”. Olivera Stajić begrüßt folgende Gäste bei sich im Studio: Lisa Mayr (Ressortleiterin derStandard.at/Familie), Ulli Weish (Medien- und Kommunikationswissenschafterin) sowie Georg Feldmann (Markt- und Motiv-Forscher).
Es geht um Produkte, um Mädchen und Jungs, um Feminismus, um Farben und um Traumberufe. Und natürlich um vieles mehr rund um die Geschlechterrolle. Was war früher, wie ist es heute und wird es besser oder schlimmer mit der Freiheit von den Rollenzuschreibungen? Die ZEIT macht ja gerade zu Kinder-Marketing auf, da geht es aber anscheinend um Nahrungsmittel und nicht um Prinzessin-Lillifee- bzw. Piraten-Accessoires.
Die zu bedenkenden Thesen ähneln sich allerdings: Kinder sind besonders leicht beeinflussbar.
Kinder schauen in keinen Tunnel, sie haben ihre Augen überall. Im Kindermarketing ist etwas anderes wichtig: Die Produkte müssen schnell erkennbar sein. Am sichtbarsten sind sie, sagt Ziems, wenn es den Firmen gelingt, sich in die Spiel-, Wunsch- und Themenwelten der Kinder einzuklinken. Das Produkt braucht eine Geschichte, einen Helden.
Wenn sie vor ungesundem Essen geschützt werden sollen, warum dann nicht auch vor Prinzessin Lillifee und dem “Barbie Dreamhouse”? Ob das möglich ist und nötig und wünschenswert ist, wäre zu diskutieren.
Viel Material hat die Initiative mit dem Namen Pink Stinks: Webseite Deutschland | Webseite UK | Twitter UK. In dem Hashtag #PinkStinks, finden sich Artikel zum Beispiel zu Germanys Next Topmodel.
Lesenswert auch: “Barbie und das rosa Klo”:
Die emeritierte Pädagogik-Professorin Renate Valtin hat im Jahr 1980 Jungen und Mädchen im Alter von zehn Jahren Schulaufsätze zum Thema “Warum bin ich gerne ein Junge (bzw. Mädchen)?” schreiben lassen. Das Ergebnis: Die Jungen empfinden sich als das “starke Geschlecht”, körperlich überlegen, technisch geschickter, sozial dominant. Die Mädchen hingegen beziehen sich tatsächlich vor allem auf häusliche Fähigkeiten, Attraktivität und Kleidung, Körper und Sport und soziales Verhalten.
Im Jahr 2010 hat Valtin das Experiment wiederholt – mit der Annahme, in den vergangenen 30 Jahren hätten sich die Selbstzuschreibungen angeglichen. Aber weit gefehlt: Bei den Jungen unterschieden sich die neuen Texte inhaltlich kaum von den alten. Lediglich bei den Mädchen hatte sich etwas verändert – allerdings nur im Hinblick auf den Focus der Selbstzuschreibungen: Die Äußerungen zum Themenfeld Attraktivität – Schönheit und Mode – überwogen deutlich.
Renate Valtin schrieb zu dieser Untersuchung den Tagesspiegel-Artikel “…weil ich im Stehen pinkeln kann”.
Muss man wissen: es gab auch mal Zeiten, da stand Blau für Mädchen und Rosa für Jungs. (Quelle: “Living Dolls”)
Lustige Randnotiz zu den Protesten gegen das Barbie Dreamhouse: Femen kündigten an, ihre Brüste nicht gegen sowas zu zeigen
Eigentlich dürften sie sich die Chance, vor dem Barbie Dreamhouse zu protestieren, nicht entgehen lassen, sagt Irina Khanova. Doch vielleicht treffe man damit die Falschen – man wolle ja keine Kinder schockieren, sagt Klara Martens.
Denk doch mal einer an die Kinder! Das passt ja mal wieder ins Bild von den konservativ wirkenden Femen-Aktivistinnen. Sie nennen es Feminismus und beziehen sich dabei auf August Bebel, was soll da schon rauskommen. Laut Süddeutsche zog dann aber doch eine blank.
Modernere Kritik findet sich bei “Rosa Reloaded”.
Occupy Barbie Dreamhouse, Pink Stinks, Missy Magazin in einem 3sat-Beitrag zu Pinkification.
Bilder Barbie Dreamhouse: BARBIE MANIA LA&LU / CC-BY
Bild Lillifee: Wolfgang Lonien / CC-BY-SA
